Rhesus-FaktorNeben dem AB0-System (Blutgruppen) ist welche Antigen-Eigenschaft der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) noch ganz besonders bedeutsam? Dies ist das Rhesus-System. Wie beim AB0-System finden sich auch im Rhesus-System mehrere Antigene, die auf den roten Blutkörperchen lokalisiert sind. Hiervon ist das bedeutsamste Antigen das Antigen D.
Der Rhesus-Faktor (Antigen D) ist ein Eiweiß (Protein) welches auf den Erythrozyten liegt. Haben alle Menschen dieses Antigen D ? Nein! Von der weißen Bevölkerung haben etwas 85 % der Menschen dieses Antigen.
Mit welcher Bezeichnung drück man aus, das ein Mensch das Antigen D besitzt? Man sagt der betreffend Mensch sei Rhesus positiv (Rh-pos) oder bei Fehlen des Antigens Rhesus negativ (rh-neg)
Wie ist das Zustandekommen des Begriffes "Rhesus-Faktor" zu erklären? Landsteiner entdeckte 1901 die klassischen Blutgruppen des AB0-Systems. 1940 entdeckte Landsteiner auch den Rhesus-Faktor. Bei Labor-Untersuchungen an Rhesus-Affen entdeckte er ein Antigen, das auch bei den meisten Menschen vorkommt. Dieses Antigen wurde daher Rhesus-Faktor genannt
Welche Folgen erwarten Sie, wenn ein rh-neg. Mensch mit der Blutgruppe A zum ersten Mal eine Bluttransfusion erhält, bei der Blut übertragen wird, das die Blutgruppe A und Erythrozyten mit vorhandenem Rhesusfaktor (Rh-pos.) Es kommt bei dieser Blut-Transfusion (rh-neg. Pat. erhalt Rh-pos. Blut zum ersten Mal) nicht zu einem Transfusions-Zwischenfall. Das Rhesus positive Blut (enthält das Antigen Rhesusfaktor) führt bei dem Rhesus negativen Patienten jedoch zur Bildung von Antikörpern gegen das Rhesus Antigen. Beachten Sie den Unterschied zum AB0-System. Ein Mensch mit Blutgruppe A enthält im Plasma angeboren den Antikörper gegen Antigen B. Im Rhesus-System hat der Rhesus negative Mensch (angeboren) keine Antikörper gegen das Rhesus-Antigen.
Kommt der rh-neg. Patient jedoch - z.B. bei einer Bluttransfusion - in Kontakt mit dem Rhesus Faktor (Rhesus - Antigen, so bildet er Antikörper. Für die erste Transfusion ist die meist kein größeres Problem, da für eine schwerwiegende Agglutination (Zusammenballung der Erythrozyten) die Antikörper für die Lebenszeit der Erythrozyten noch nicht in ausreichend großer Zahl zur Verfügung stehen. Bei einer zweiten Transfusion rh-neg. (Pat. erhalt Rh-pos. Blut zum zweite Mal) ist die Lage jedoch völlig anders: Antikörper gegen das Rhesus-Antigen (Rh-pos. Blut) sind jetzt schon in größerer Zahl vorhanden. Bei dieser zweiten Transfusion kommt es zu einer stärkeren Antigen-Antikörper-Reaktion mit Agglutination des Blutes.
Kommt es auch zur Bildung von Antikörpern, wenn einem Menschen mit vorhandenem Rhesus-Faktor (Rh-pos.) Rhesus negatives Blut transfundiert wird Nein! Der Rhesus-Faktor im transfundierten Blut ist ja überhaupt nicht vorhanden. Ohne Antigen auch keine Antikörper.
Welche Bedeutung hat der Rhesus-Faktor über die Blut-Transfusion hinaus? Dem Rhesus-Faktor kommt eine überragende Bedeutung im Zusammenhang mit der Schwangerschaft zu.
Wie muss der Rhesus-Faktor bei Mutter und Fetus jeweils sein, damit eine Rhesus-Unverträglichkeit zustande kommt. Eine Rhesus-Unverträglichkeit ist zu erwarten, wenn die Mutter Rhesus negativ ist (also kein Antigen D hat!) und gleichzeitig der Fetus Rhesus positiv! (Die Erythrozyten des Fetus enthalten das Antigen Rhesus-Faktor)
Erklären Sie, warum in der ersten Schwangerschaft auch unter der Konstellation Mutter rh-neg. und Fetus Rh-pos kaum eine Unverträglichkeits-Reaktion zu erwarten ist. Der Kreislauf der Mutter und des Fetus sind getrennte Kreisläufe. Erythrozyten des Fetus gelangen nicht in den Kreislauf der Mutter und Erythrozyten der Mutter nicht in den Kreislauf des Fetus! Während der Phase der Geburt reißen jedoch Blutgefäße in der Grenzzone (Plazenta) zwischen mütterlichem und fetalem Kreislauf. Dabei gelangt auch geringe Menge kindliches Blut in den Kreislauf der Mutter. Ist das kindliche Blut dabei Rh-pos und die Mutter rh-neg. so bildet die Mutter Antikörper. In der zweiten, dritten usw. Schwangerschaft mit gleicher Konstellation (Mutter rh-neg. und Kind Rh-pos. sind nun aber Antikörper gegen das Rhesus-Antigen vorhanden. Anders als die Blutkörperchen können aber Antikörper der Mutter über die Plazenta in den Kreislauf des Kindes gelangen. Dies gilt auch für Antikörper gegen das Rhesus Antigen auf den Erythrozyten des Fetus. Die im Kreislauf der Mutter bei der zweiten Schwangerschaft schon zirkulierenden Antikörper gegen den Rhesus-Faktor gelangen in den Fetus. Dort attackieren sie die Erythrozyten des Fetus. Viele Erythrozyten beim Fetus werden dabei zerstört.
Mit welchem Fachausdruck wird das gehäufte vorzeitige Absterben der Erythrozyten genannt? Hämolyse
Wenn infolge einer Hämolyse (Auflösung der Erythrozyten-Membran) vermehrt Hämoglobin frei wird, welcher Stoff entsteht dann sekundär in erhöhter Form. Das ist das Bilirubin. Bilirubin ist der grün-gelbliche Gallenfarbstoff!
Erklären Sie, warum ein Neugeborenes - bei starker Rhesus-Unverträglichkeit - äußerlich sichtbar eine starke Gelbfärbung an Haut uns Skleren aufweist? Infolge der Rhesus-Unverträglichkeit kommt es zu einem vermehrten Abbau der Erythrozyten im Blut des Fetus. (Hämolyse) Bei der Hämolyse wird vermehrt Hämoglobin frei. Das Hämoglobin wird weiter umgebaut und es entsteht der gelblich-grüne Farbstoff Bilirubin. (Ein hämolytischer Ikterus = prähepatischer Ikterus entsteht) Das vermehrt anfallende Bilirubin lagert sich in Haut und Schleimhäuten ab. In schweren Formen lagert sich Bilirubin auch im Gehirn ab und führt dabei zu schweren Hirnschäden beim Neugeboren.
Wie wird die besondere Form des Ikterus infolge Rhesus-Unverträglichkeit beim Neugeborenen genannt? Der Neugeborenen-Ikterus heißt auch Ikterus neonatorum
Welcher prinzipielle Unterschied besteht beim Auftreten von Transfusions-Zwischenfällen im AB0-System und im Rhesus-System? Im AB0-System entsteht bei falscher Blutgruppe bereits bei der ersten Transfusion ein schwerer Zwischenfall. (d.h. die Erythrozyten agglutinieren und verlegen die Kapillaren). Dies ist bereit bei der ersten Transfusion möglich, da die Antikörper gegen die falsche Blutgruppe beim Blut-Empfänger bereits vorhanden sind. Bei der Rhesus-Unverträglichkeit (rh-neg Patient erhält Rh-pos Blut) sind die Antikörper nicht angeboren vorhanden. Sie bilden sich aber beim ersten Kontakt mit Rh-pos Blut aus. Da dies eine Zeit dauert, verläuft die erste Transfusion bei Rhesus-Unverträglichkeit glimpflich. Der gleiche Effekt ist auch bei der Rhesus-Unverträglichkeit der Mutter in einer Schwangerschaft zu beobachten. Die rh-neg. Mutter muss erst in Kontakt mit Rh-pos. Blut kommen, um Antikörper gegen das Antigen Rhesus-Faktor zu bilden.
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