Diagnose: Übungen für Heilberufe
Vorbemerkung: auf den folgenden Seiten sollen Sie lernen, wie man aus dem klinischen Bild und mithilfe der Untersuchung eine Diagnose findet. Ich werde Ihnen zunächst einen Patienten vorstellen, der – und dies ist in der Praxis nicht selten – gleich unter mehreren Krankheiten leidet.
Nacheinander werden wir gemeinsam die einzelnen Diagnosen erarbeiten. Sie werden sehen, dass dies nicht nur eine gute Übung für die Praxis ist, sondern auch eine hervorragende Wiederholung der gelernten Anatomie und Physiologie sowie der Krankheitslehre darstellt.
Sind Sie am Anfang nicht frustriert, wenn es Ihnen nicht gleich gelingt, aus einigen Symptomen die Diagnose zu stellen. Dies ist am Anfang völlig normal und wird mit jeder Übung zur Diagnosestellung besser werden.
Wenn Sie die Tests zur Findung einer Diagnose im Prüfungs-Modus beantworten wollen, so können Sie durch Anklicken der unten stehenden Schaltfläche zunächst alle Antworten verbergen:
Ein 55 -jähriger Patient berichtet Ihnen über eine Schwäche in der rechten Hand. Er schildert, dass er mit der rechten Hand, Werkzeuge schlechter festhalten könne und auch Schwierigkeiten habe einen Schraubenzieher richtig einzusetzen. Auch habe er am Kleinfinger und am Ringfinger kein richtiges Gefühl.
Der Patient zeigt Ihnen bei Schilderung dieser Beschwerden zunächst seine Hände.
Sie bemerken zunächst am linken
Handgelenk eine recht großflächige Hautveränderung.
Da es sich bei dieser Hautkrankheit, um eine recht häufig
vorkommende Krankheit handelt und Sie im gezeigten Fall recht
typisch ausgeprägt ist, dürfen wir eine erste Verdachtsdiagnose
wagen.
Welche Verdachtsdiagnose stellen Sie?
Die Verdachtsdiagnose lautet: Psoriasis oder Schuppenflechte
Wie können Sie die gestellte Verdachtsdiagnose weiter erhärten?
Wir sollten uns daran erinnern, dass die
Psoriasis sehr häufig den behaarten Kopf und die Streckseite der
Extremitäten befällt. Am einfachsten ist es, den Patienten zu
bitten, die Ellenbogen oder die Knie zu zeigen.
Auf die Frage, wie Sie im obigen Fall die Verdachtsdiagnose
Psoriasis weiter erhärten, sollten Sie antworten:
ich betrachte weitere häufig von der Schuppenflechte befallene
Körperstellen. Dies sind der behaarte Kopf - und am leichtesten zu
erkennen - die Streckseiten der Ellenbogen oder der Knie.
Der Patient in unten stehender Abbildung hat einen Befall der streckseitigen Ellenbogen und auch weitere Herde im Bereich des Brustkorbs.
Wie würden Sie – sollte man Sie in einer Prüfung fragte – die abgebildeten Effloreszenzen beschreiben?
Die Effloreszenzen bei einer Psoriasis sind
entzündlich gerötet (erythematös), scharf begrenzt und von Schuppen
bedeckt. (squamös).
(Schauen Sie sich die obigen Abb. noch
einmal genau an, um den Fachausdruck erythro-squamös auch wirklich
zu verstehen!)
Das Aussehen der Effloreszenzen und auch die Lokalisation der Effloreszenzen (Streckseite der Extremitäten), passen gut zum Krankheitsbild der Psoriasis.
Welche Fragen, direkt die Effloreszenzen betreffend, sollten Sie nun an den Patienten richten?
-
Schmerzen die Effloreszenzen ?
-
Jucken die Effloreszenzen ?
Welche Antwort des Patienten würde die Verdachtsdiagnose Psoriasis weiter erhärten?
Bei einer Schuppenflechte schmerzen die Effloreszenzen nicht und jucken selten.
Unser Patient berichtet, dass er keine
Schmerzen und keinen Juckreiz in den Effloreszenzen verspüre.
Diese Antwort des Patienten stützt somit die Diagnose Psoriasis
weiter.
Nach der Betrachtung des behaarten Kopfes und der Streckseite der Extremitäten, sollten Sie nun unbedingt noch einen Blick auf welche Körperregion werfen?
Die Psoriasis geht sehr oft mit Nagelveränderungen einher! Sie sollten daher unbedingt die Nägel des Patienten betrachten!
Der Patient zeigt in der Abbildung
seine Fingernägel.
Welche Veränderungen können Sie erkennen?
Es handelt um Tüpfelnägel (grübchenförmige Einsenkungen der
Nagelplatte) und Ölflecke. (gelbliche Verfärbungen des Nagelbetts).
Der rote Pfeil am Zeigefinger zeigt einen Ölfleck und der blaue
Pfeil einen Tüpfelnagel.
Bei diesen beiden genannten Veränderungen der Nägel handelt es sich
um typische Veränderungen, wie sie
bei einer Psoriasis zu erwarten sind.
Welche weitere Nagelveränderung würde die Verdachtsdiagnose einer Psoriasis weiter erhärten?
Eine weitere – in obiger Abbildung nicht gezeigte – Veränderung am Nagel, wäre der Krümelnagel. Hierbei ist der Nagel nur noch in Anteilen (Krümeln) vorhanden.
Im vorliegenden Fall haben wir das typische Aussehen der Effloreszenzen für eine Psoriasis, die typische Lokalisation an den Streckseiten der Extremitäten und auch Nagelveränderungen, wie sie für eine Psoriasis typisch sind.
Um
unsere Diagnose Psoriasis (Schuppenflechte) abzurunden, sollten wir
den Patienten jedoch noch eine weitere Frage stellen.
Wissen Sie welche?
Die Psoriasis kommt familiär gehäuft vor.
(Genetische Disposition). Wir sollten also den Patienten fragen, ob
ein weiteres Familienmitglied an der Schuppenflechte leidet!
Im gezeigten Fall ist auch der Vater von einer Schuppenflechte
betroffen.
Welche Möglichkeiten kennen Sie noch, die bereits jetzt sehr gut gesicherte Diagnose einer Psoriasis noch weiter zu bestätigen?
Für die Psoriasis gibt es sehr charakteristische Untersuchungsbefunde, die man an einer einzelnen Effloreszenz prüfen kann. Es handelt sich um:
-
das Kerzen-Wachs-Phänomen.
(Beim Kratzen an der Effloreszenz lösen sich silbrige kleine Schuppen, die aussehen als wären sie von einer Kerze abgekrazt). -
Phänomen des letzten Häutchen.
(Wenn man weiter kratzt, erscheint ein letztes glänzendes Häutchen). -
Auspitz-Phänomen oder auch Phänomen des blutigen Taus.
(Wird auch das letzte Häutchen noch abgekrazt, so entsteht eine punktförmige Blutung). -
Wendet man die genannten drei Testverfahren auf eine der typischen Effloreszenzen bei dem gezeigten Patienten an, so lassen sich alle drei genannten Zeichen nachweisen. Unsere gestellte Verdachtsdiagnose Psoriasis ist damit gesichert.
Bei gesicherter Diagnose Psoriasis sollten Sie auch an Begleitkrankheiten der Psoriasis denken.
Welche Begleitkrankheiten der Psoriasis sollten Sie unbedingt bedenken?
Der Patient mit einer Schuppenflechte kann einen Gelenkbefall haben. Man spricht in einem solchen Fall von einer Psoriasis arthropathica.
Der Patient mit der gezeigten Psoriasis kann aber auch eine ganze Reihe innerer Erkrankungen aufweisen. An welche Krankheiten sollten Sie hier denken?
-
Man kann sich merken, dass ein Patient mit einer Schuppenflechte Erkrankungen hat, ähnlich wie bei einem metabolischen Syndrom.
Daher bei jedem Patienten mit einer Psoriasis auch gezielt nach einem Diabetes mellitus suchen. -
aber auch nach Krankheiten infolge einer Arteriosklerose sollten bei gesicherter Psoriasis gesucht werden!
Wir haben nun das erste Krankheitsbild unseres Patienten – die Psoriasis – erkannt und gesichert. Erinnern wir uns jedoch daran, welche Beschwerden der Patient uns primär schilderte.
Er berichtete über eine Schwäche beim Greifen und beim Führen von Werkzeugen mit der rechten Hand. Könnte dies im Zusammenhang mit einer Psoriasis stehen?
Dies ist von vornherein nicht ausgeschlossen. Sie wissen, dass bei rund 7 % aller Psoriasis Patienten auch ein rheumatischer Gelenkbefall vorkommt. Die Schwäche beim Einsetzen der rechten Hand könnte hierin ihre tiefere Ursache haben.
Bei der Untersuchung, wie Sie sie oben durchgeführt haben, hatte der Patient jedoch auch – fast nebenbei – geäußert, dass er am Ringfinger und Kleinfinger der rechten Hand kein richtiges Gefühl habe.
Dieses Symptom, einer verringerten Sensibilität, lässt sich mit einem Gelenkbefall bei Psoriasis nicht erklären.
Zur weiteren Diagnosefindung dieser zweiten Erkrankung klicken Sie auf diesem Link zur nächsten Seite.
Sollten Sie große Schwierigkeiten gehabt haben, die Diagnose Psoriasis zu stellen und weiter zu begründen, so empfehle ich Ihnen, zunächst noch einmal die entsprechende Seite zur Psoriasis (Schuppenflechte) durchzuarbeiten.
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